Seit dem Absenken des Garantiezinses auf der Sofortrente und anderen Produkten der Lebensversicherer, kann mit klassischen Rentenversicherungsprodukten wie sie in Deutschland seit Jahrzehnten üblich sind, kein Staat mehr gemacht werden. Und das ist durchaus in doppelsinniger Weise zu verstehen. Denn nicht nur den Anlegern ist die Lust auf eine Sofortrente vergangen, auch dem Staat geht dadurch eine sichere Refinanzierungquelle verloren. Aber was interessiert schon die Schuldenwirtschaft des Staates, wenn die eigene Sofortrente nicht mehr ausreicht, um die vorhandene Rentenlücke zu schließen?!

Rentner und Sparer leiden am meisten…

Rentner und Sparer leiden unter dem aktuellen Zinstief am meisten, wollen uns die Menschen im Frühstückfernsehen und anderen wichtigen Wirtschaftsnachrichtensendern weiß machen. Die Altersarmut ist vorgezeichnet, seit kein Zins mehr für das Sparguthaben bezahlt wird. Die 1,75% Garantiezins auf Lebensversicherungen (zu denen die Sofortrente und die aufgeschobene Leibrente auch zählen) würden nicht mehr ausreichen, die Kosten dieser Produkte zu finanzieren.

Bad News are good News

Ein Ratschlag unter Freunden: schalten sie den Fernseher nicht vor den Tagesthemen an. Ihnen entgeht nichts und wenn ihnen was entgehen sollte, dann haben sie meistens trotzdem nichts verpasst. Journalisten und Konsumentenschützer (welche meistens die sogenannten Experten in diesen Sendungen mimen) leben nicht davon Ihnen gute Nachrichten präsentieren. Schlechte werden deutlich besser bezahlt. Katastrophen zahlen sich am meisten aus.

Genauer betrachtet geht es nämlich weder den Sparern noch den Rentenbezügern im Moment besonders schlecht. Im Gegenteil. Maßgebend für ihr Wohlbefinden ist nämlich weniger die prozentuale Höhe des Zinsertrages, sondern die Entwicklung der Kaufkraft ihres Vermögens. Und diese ist – das wage ich zu behaupten ohne die heutigen Werte auf den neuesten Stand gebracht zu haben – wegen der tiefen Inflation bedeutend besser als in vielen Perioden der Vergangenheit. Hoher Zins bedeutet nämlich regelmäßig auch Steuern und Wertverlust durch Inflation. Die Zeiten, in denen Anleger unter Berücksichtigung von Kosten, Steuern und Inflation eine positive Wertentwicklung auf ihrem Sparvermögen erlebt haben, sind sehr dünn gesät. Eigentlich ist es eher die Ausnahme. Die brutale Ausnahme, um bei der Wahrheit zu bleiben.

Rentner und Sparer zuletzt

Das wahre Problem an der aktuellen Zinsfront ist nämlich nicht die tiefe Verzinsung der Sparguthaben von Rentnern und Sparern. Das Problem ist, dass diese Entwicklung irgendwann in einer unbekannten Zukunft ein Ende nehmen wird. Und dann werden die Rentner und Sparer die ersten sein, welche die Zeche für das große Fiasko zu zahlen haben. Und das funktioniert so:

Lebensversicherungen, Sofortrenten und andere Rentenversicherung erfreuen sich nicht zuletzt deshalb einer so großen Beliebtheit, weil sie so sicher sind. Diese Sicherheit ruht auf dem Fundament des Deckungsstocks.

Im Deckungsstock ist all das Kapital angelegt, welches zur Sicherung der Ansprüche der Anleger (zum Beispiel der Bezüger einer Sofortrente) notwendig ist. Weil der Staat per Gesetz ganz genau definiert hat, wie diese Sicherheit aussehen muss (am sichersten sind Staatsanleihen…), haben die Versicherungen bei der Auswahl der Anlagen für den Deckungsstock keine große Wahl (Staatsanleihen… etc.). Weil solche „absolut“ sicheren Anlagen im Moment keinen Zins mehr erwirtschaften, stehen die Versicherungsgesellschaft aktuell vor einem großen Anlageproblem: auf dem einen Seite müssen sie vertragliche Zinsen zahlen und auf der anderen Seite bekommen sie für ihre Anlagen kaum mehr Geld.

Je tiefer die Zinsen fallen, desto mehr Kapital wird für den Deckungsstock gebraucht. Oder anders ausgedrückt: dieses Geld fehlt an anderer Stelle. Nämlich dort, wo auch in der heutigen Zeit noch Geld verdient werden kann.

Immer mehr Kapital fließt also von den lukrativen Anlagemöglichkeiten, zu jenen Finanzanlagen, welche eigentlich nicht ausreichen um die eigenen Zinsverpflichtungen abzudecken.

Inzwischen sind einige Gesellschaften, sagen wir einmal, handlungsunfähig. Ihr Geld ist im Deckungsstock sicher aufgehoben, bringt aber kein Geld. Bei Garantiefonds nennt man diese Situation Cash Lock und führt regelmäßig dazu, dass diese Fonds liquidiert werden, bzw. die Kunden in Scharen davon laufen. Und zwar verärgert!

Sofortrente: Mit offenen Augen ins Verderben – und niemand wird es merken

Nicht so bei Lebensversicherungen. Hier wartet zum Beispiel der Bezüger einer Sofortrente mit ahnungsloser Vorfreude darauf, dass die Zinsen irgendwann wieder ansteigen. Das werden wir auch, da müssen wir nicht bange sein. Die Frage ist jedoch, was mit dem Deckungsstock geschieht, wenn dies tatsächlich passiert.

Nichts.

Das Kapital ist blockiert. Den Anlagespezialisten der Versicherungen wird es nicht möglich sein, die Zinserhöhung des Marktes mitzugehen. Für die Bezüger einer Sofortrente bedeutet dies, dass sie nicht mit steigenden Überschüssen rechnen können, auch wenn dies theoretisch möglich wäre, praktisch der Aktuar der Gesellschaft das Vermögen jedoch nicht (schnell genug) umschichten lassen kann.

Jetzt wird unser Bezüger einer Sofortrente den „Vorteil“ seiner sicheren Anlage zu spüren bekommen: die Rente ist (hoffentlich) nicht gefährdet, die Inflation frisst ihm jedoch die Kaufkraft seiner Sofortrente vermutlich ziemlich schnell weg. Nominal ist nichts passiert, aber real erleiden Rentner und Sparer im Zuge einer Zinserhöhung mit Sicherheit massive Wertverluste. Genaues weiß man natürlich nicht, aber wenn die Bondblase der EZB platzt, dürften die Folgen dramatisch sein. Und Opfer werden jene sein, welche sich die Sicherheit eines Deckungsstocks ans Bein geheftet haben.

Besser kein Fernsehen am Morgen

Deshalb vergessen Sie das MoMa und das übrige Frühstücksfernsehen und lassen sie sich über die Möglichkeit beraten, Sicherheit anders zu definieren. Eine Möglichkeit wären zum Beispiel die sogenannten Garantierenten, welche eine viel flexiblere Anlagestrategie fahren können und so einer Zinswende nicht schutzlos ausgeliefert wären. Das Gute an einer Garantierente, wie sie zum Beispiel die Canada Life oder AEGON anbieten, ist die Tatsache, dass die Einstiegsrente in de Regel deutlich höher ist als bei den klassischen Tarifen und dass diese immer weiter steigen, aber niemals sinken kann.

Der Abschied von der Illusion absoluter Sicherheit bei der Sofortrente

Und ja, es besteht ein größeres Risiko, denn die Garantie beruht nicht auf staatlichen Regelungen und Protektor. Aber sie dürfen mir glauben, dass diese Risiko im Vergleich zu den drohenden Verwerfungen beim Deckungsstock, das kleinere Übel ist. Schlussendlich müssen Sie sich entscheiden, ob Sie lieber garantiert einen Verlust erleiden wollen oder ob sie mit Sicherheit eine höhere Rente bekommen und keine 100%ige Garantie haben, ob ihre Sofortrente über die nächsten 100 Jahre tatsächlich garantiert werden kann.

Daniel S. Batt

Eidg. dipl. Finanzplaner mit FA (FH)